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Zahn- und Kieferfehlstellungen: Arten, Folgen und Vorbeugung

04.08.2022

Ein schönes Lächeln und gerade Zähne zu haben, ist für das optische Erscheinungsbild ein wichtiger Punkt. Klar ist, dass dabei das Gebiss bei jedem Menschen etwas unterschiedlich aussieht. Ist es allerdings deutlich anders geformt, spricht man von Zahn- und Kieferfehlstellungen. Neben Karies und Zahnfleischentzündungen stellen solche Anomalien die häufigste Beeinträchtigung in der Mundgesundheit dar. Häufig betroffen sind dabei Kinder und Jugendliche. 

Bereits in jungen Jahren werden im Milchgebiss die Weichen für ein gesundes Wachstum von Zähnen und Kiefern gestellt. Damit Kinder und Jugendliche bis ins hohe Erwachsenenalter ein funktionsfähiges Gebiss haben, ist ein frühzeitiger Besuch beim Kieferorthopäden wichtig. Denn nur so kann Zahn- und Kieferfehlstellungen vorgebeugt oder diese fachgerecht behandelt werden. 

 

Zahnfehlstellung und Kieferfehlstellung: Das sind die Unterschiede 

Sowohl Zähne als auch Kiefer können im Laufe ihrer Entwicklung von ihrem natürlich vorgesehenen Wachstumspfad abweichen. Stehen einzelne bzw. mehrere Zähne schief, zu eng, in sich gedreht oder an falscher Position im oberen oder unteren Zahnbogen, liegt eine Zahnfehlstellung vor. Weichen hingegen Ober- oder Unterkiefer in ihrer Lage zueinander ab oder sind in ihrer jeweiligen Form beeinträchtigt, ist eine Kieferfehlstellung gegeben. 

Mögliche Folgen bei Zahn- und Kieferfehlstellungen können erheblich sein

Anomalien von Zähnen und Kiefern werden auch Dysgnathien genannt. Eine Kieferfehlstellung nennt man skelettale Dysgnathie. Sie kann mitunter die Ursache für eine Zahnfehlstellung, eine dentoalveoläre Dysgnathie, sein. 

Zahn- und Kieferanomalien können den Kontakt von oberen und unteren Zähnen stören und somit zu funktionellen Einschränkungen beim Essen, Kauen, Trinken, Sprechen oder Atmen führen. Außerdem können falsche Funktionsmuster oder Überlastungen beteiligter Gewebe und Strukturen unerwünschte Folgen sein. Darüber hinaus geht mit Fehlstellungen ein erhöhtes Risiko für Karies sowie Parodontal- und Mundschleimhauterkrankungen einher. 

 

Zahn- und Kieferfehlstellungen: Wie entstehen Anomalien? 

Zahn- und Kieferfehlstellungen können erblich bedingt sein. Neben den genetischen Faktoren sind zudem umweltbedingte (z. B. vorzeitiger Milchzahnverlust) oder funktionelle Aspekte (z. B. Zungenfehlfunktionen) als mögliche Ursachen zu nennen. Eine große Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch das zu lange Nutzen von Nuckelflaschen oder Schnullern sowie schlechte Angewohnheiten wie das Daumenlutschen oder Zungenstoßen.     

Welche Zahn- und Kieferfehlstellungen gibt es?

Besonders häufig treten Überbisse, Kreuzbisse, Tiefbisse oder fehlende Zähne auf. 

1. Überbiss und Vorbiss

Bei einem Überbiss ist der Oberkiefer im Verhältnis zum Unterkiefer zu groß und steht vor, wodurch zwischen den oberen und unteren Schneidezähnen ein zu großer Abstand entsteht (Frontzahnstufe). Ist hingegen der Unterkiefer im Verhältnis zum Oberkiefer zu groß bzw. zu lang und die unteren Frontzähne beißen vor die oberen, spricht man von einem Vorbiss. 

2. Kreuzbiss und Kopfbiss

Ein frontaler Kreuzbiss bezeichnet eine Fehlverzahnung, bei dem die unteren Schneidezähne (Frontzähne) vor die oberen Schneidezähne beißen.

Bei einem seitlichen Kreuzbiss ist oft der Oberkiefer auf einer oder beiden Seiten zu schmal, so dass die Zähne falsch zusammentreffen.

Bei einem einseitigen Kreuzbiss weicht der Unterkiefer meist zur Seite des Kreuzbisses ab und die untere Zahn- und Kiefermitte ist verschoben.

Beißen die Zähne direkt aufeinander, spricht man von einem Kopfbiss.

3. Tiefbiss und Deckbiss

Weit verbreitet ist auch der Tiefbiss, bei dem die oberen Schneidezähne zu weit nach unten reichen und die Schneidezähne des Unterkiefers bedecken. Sind sie zusätzlich noch nach innen gekippt, spricht man von einem Deckbiss

Manchmal hat Mutter Natur einzelne Zähne auch einfach „vergessen“. Solche Nichtanlagen bleibender Zähne werden Aplasien genannt. 

4. Offener Biss 

Eine oft resultierende Folge des Daumenlutschens oder einer Zungenfehlfunktion stellt der offene Biss dar. Beim Zusammenbeißen bleibt hierbei zwischen den oberen und unteren Front- oder Seitenzähnen ein nicht verschließbarer Abstand bestehen, sodass die Zähne nicht korrekt aufeinandertreffen.

Aber auch Engstände, bei denen die Zähne z. B. aufgrund eines zu schmalen Kiefers nicht genügend Platz im Zahnbogen finden, oder retinierte sowie verlagerte Zähne (sie brechen nicht oder an anderer Stelle durch) zählen zu den oft vorkommenden Fehlstellungen. 

 

Arten von Zahnfehlstellungen und Anomalien in der Kieferorthopädie
Quelle: ib-designartwork.de

 

Vorsorge ist das A und O

Das Beste, was einem Gebiss in seiner Entwicklung passieren kann, sind aufmerksame Eltern. 

Sie sorgen ab dem ersten Milchzahn für eine gründliche häusliche Mundhygiene, gewährleisten eine regelmäßige zahnärztliche Kontrolle und stellen ihr Kind spätestens nach dem Durchbruch aller Milchzähne bei einem Fachzahnarzt für Kieferorthopädie vor. Als ausgebildeter Spezialist kann dieser Zahn- und Kieferfehlstellungen vorbeugen, Störungen der natürlichen Gebissentwicklung rechtzeitig erkennen und bei Bedarf korrigierend eingreifen.  

 

Quellen:

  • Das Gesundheitsportal medondo.health
  • Empfehlenswerte Zeitpunkte kieferorthopädischer Untersuchungen. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie. März 2007.
  • Gesunde Zähne für Ihr Kind. Patienteninformation. Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung KZBV. Köln 2021, 3. Auflage.
  • Häufige Fehlstellungen. Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung KZBV. www.kzbv.de
  • Ideale Behandlungszeitpunkte kieferorthopädischer Anomalien. S3-Leitlinie (Kurzversion). Federführende Fachgesellschaften: Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO), Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK). Dezember 2021.
  • Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie zum medizinischen Nutzen kieferorthopädischer Behandlungen. Mai 2018.
  • Ruf S, Proff P, Lisson J: Zahn- und Kieferfehlstellungen – gesundheitliche Relevanz und Behandlung. Bundesgesundheitsbl 2021 · 64:918–923. 

 

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